Bis in die jüngere Vergangenheit war selbst unter den Trainingswissenschaftlern die Ansicht verbreitet, dass lediglich Ausdauertraining im hohen Lebensalter sinnvoll ist. Um es direkt vorwegzunehmen: Wenngleich gelenkschonendes Ausdauertraining in Form von Walken, Radfahren, Wandern (bergauf), Schwimmen absolut sinnvoll ist, so hat sich das Bild deutlich gewandelt! Dies bestätigt auch der 59-jährige Leiter Prof. Albert Gollhofer des Instituts für Sport und Sportwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, einer der absolut führenden deutschen Experten auf dem Gebiet des Krafttrainings: „Insgesamt gibt es in der Sportmedizin und der Trainingswissenschaft eine klare Trendwende. Früher hat man bei älteren Menschen die Organe eher geschont. Heute weiß man, dass alle biologischen Systeme bis ins hohe Alter trainierbar sind" (Vestewig, 2013). Ich möchte Sie ermutigen, mit dem Gesundheitssport zu beginnen. Denn Gesundheitssport versteht sich als „aktive, regelmäßige und systematische körperliche Belastung mit der Absicht, Gesundheit in all ihren Aspekten, d.h. somatisch wie psychosozial, zu fördern, zu erhalten oder wiederherzustellen“ (Fuchs, 2003, S. 6).
Das Training gerade den Senioren(innen) Freude bereitet und zunehmend angenommen wird zeigt nicht zuletzt die steigende Anzahl an Trainierenden in Fitnessstudios. Unter den 10,6 Millionen Mitgliedern der deutschen Fitnessstudios lag 2018 der Anteil der über 60-Jährigen bereits bei 1,33 Millionen. Innerhalb dieser Zielgruppe ist in den letzten vier Jahren ein Wachstum von knapp 20 Prozent zu verzeichnen und dieser Trend setzt sich fort (Fitnessmanagement, 2019). Die Gründe hierfür beruhen dabei im Wesentlichen auf einer Erhöhung der Lebensqualität, welche sehr stark mit dem Erhalt der Selbstständigkeit einher geht. Dankenswerter Weise leben wir heute in einer Zeit, in der gerade der zunehmende medizin-technische Fortschritt sowie die flächendeckende Versorgung zur Langlebigkeit beiträgt. Gerade jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie schätzt man sich glücklich, in einem so fürsorglichen Gesundheitssystem beheimatet zu sein. Man kann getrost behaupten: Die zunehmende Langlebigkeit ist eine große kulturelle Errungenschaft! Die gute gesetzliche (Grund-)Versorgung darf jedoch nicht von der Pflicht befreien, dass jeder selbst eine Verantwortung für seine Gesundheit hat und diese entsprechend pflegt. Doch stellen Sie sich die Frage, was ist Ihnen wichtig – was wünschen Sie sich für das Älterwerden?
Dr. phil. Christoph Rott, vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg, gelangte in seiner Studie mit über 3000 Teilnehmern zu folgendem Ergebnis im Bereich der Alternswünsche (Rott, 2014):
Abb. 1 Alternswünsche (Rott, 2014)
Diese Aufgliederung verdeutlicht, dass ein Großteil der Wünsche auf die Gesundheit sowie die autonome Lebensgestaltung abzielt. Diese ist eng an die körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen gekoppelt. Die dauerhafte Leistungsfähigkeit kann nur mit Training erhalten werden und folgt dem Grundsatz: „Was man nicht nutzt das verliert man!“ So verliert der Körper bereits ab dem 30. Lebensjahr 10 Prozent seiner Muskelmasse pro Jahrzehnt. Neben dem Verlust der Muskelmasse „fehlt es dann vor allem an der Schnellkräftigkeit. Die schnellen, weißen Muskelfasern haben eine doppelte Verfallsrate, die neuronale Versorgung des Muskels fehlt dann“, erläutert Prof. Gollhofer (Vestewig, 2013). Beispielsweise ist die neuronale Ansteuerung gerade im Alter im Hinblick auf die Sturzanfälligkeit von großer Bedeutung. Durch gezielte Übungen, auch aus dem propriozeptiven Bereich, kann man dieses Risiko minimieren. Übungen hierzu können mit einem Tennisball, Terraband oder auch Wackelpad umgesetzt werden.
Es ist teils immer noch ein verbreiteter Irrglaube, dass Muskelkraft ab 60 Jahren eben verfällt und man nichts dagegen tun kann. Eine Vielzahl an Studien und Erfahrungen belegen, dass mittels Krafttraining dem Verlust der Muskelmasse und den damit verbundenen Funktionseinschränkungen sehr gut vorgebeugt werden kann. Es gilt ein alter, Ihnen bekannter Spruch: Wer rastet, der rostet! Doch nicht verzagen, es ist nie zu spät. Auch wer erst im höheren Alter anfängt, regelmäßig Sport zu treiben, kann sehr positive Effekte erzielen. Den Nachweis vom gesundheitlichen Nutzen körperlicher Aktivität und deren Relevanz für Selbständigkeit im Alltag zeigten Chodzko-Zajkoet et. al. (2009) in Ihrer Studie auf. So ergeben sich positive Effekte für ein breites Krankheitsspektrum (Chodzko-Zajkoet et. al., 2009):
1. Adipositas
2. Arthritis
3. Bluthochdruck
4. Chronische Herzinsuffizienz
5. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
6. Depression
7. Diabetes Typ 2
8. Herzkranzgefäßerkrankung
9. Krebs
10. kognitive Beeinträchtigung
11. Osteoporose
12. periphere Arteriosklerotische Gefäßerkrankung
Ernährung und Sport gehört zusammen
Hantelbänke, Fitnessgeräte im Krankenhaus – Ideen die sich anhören nach einem „zynischem Geschäftsmodell der Fitnessindustrie“ stammen vom ersten deutschen und hochrenommierten Altersmediziner Prof. Dr. Jürgen Bauer, von der Universität Heidelberg (Müller-Jung, 2018). Er plädiert für eine duale Herangehensweise, bestehend aus Ernährung und Sport, denn er stellt fest: „Den Abbau bremsen ist entscheidend. Der kritische Spieler im Alter ist der Muskel“ (Müller-Jung, 2018). Dabei helfen sowohl eine erhöhte Zufuhr an Proteinen als auch das Treiben von regelmäßigem Sport im Sinne von anspruchsvollen Aktivitäten. Er behauptet „Nötig ist, die Proteinzufuhr im Alter um ein Viertel zu erhöhen.“ Das gerade auch in der Medizin hier ein Umdenken stattfinden sollte, beklagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Cornel Sieber: „Wir müssen unsere jungen Ärzte in diese Richtung ausbilden. Das Interesse bei ihnen für eine weniger organzentrierte Medizin und einen eher ganzheitlichen Ansatz wächst glücklicherweise immer stärker“ (Müller-Jung, 2018).
Wie gelingt die Umsetzung?
Für den Einsteiger bietet sich ein Programm aus gerätegestütztem Krafttraining im Fitnessstudio an. Hierbei ist vor allem die richtige Übungsausführung von großer Bedeutung und gerade der Bereich der oberen Extremitäten (Schultern, oberer Rücken, Oberarmmuskulatur) sollte Berücksichtigung finden. „Die dienen ja nur noch der Fernbedienung", so Gollhofer. Diese Erkenntnis erlangt man meist nur selbst während des Alltags, wenn einem beispielsweise die Überkopfarbeit zunehmend Schwierigkeit bereitet. Vom Training an Geräten kann/sollte entsprechend durch individuelle Mobilitäts- und Funktionsübungen ergänzt werden. Dabei gilt der Grundsatz der Individualität. Denn jeder Mensch hat zum einen andere Probleme und Herausforderungen während des Alltags zu meistern, zum anderen hat auch jeder eine eigene Gesundheitsgeschichte. Schrittweise sollte dann der Umstieg vom hohen Anteil an Gerätetraining zu mehr Funktionsübungen gelingen. Trainingshäufigkeit: Wie oft sollte man nun trainieren? „Einmal in der Woche ist zu wenig, das hilft gerade so. Zwei- oder dreimal ist besser. Lieber Einheiten, die nicht so lang sind", betont der Sport-Professor Gollhofer (Vestewig, 2013).
Motivation
Gerade für Einsteiger ist die Umstellung hin zu einem aktiven Lebensstil eine enorme Herausforderung und hängt sich zuletzt vom Eigenantrieb einer jeden Persönlichkeit ab. Studien verdeutlichen, dass ein Trainingspartner bei der konstanten Umsetzung der Trainingsroutine helfen kann. Vorneweg gilt aber: Setzen sie sich hierbei kleine Ziele und steigern Sie sich Schritt für Schritt. Sehen Sie das Training als Investition in das eigene Ich für eine gesunde sowie langlebige Lebensführung ohne größere Einschränkungen. Ermutigen Sie sich, einen aktiven Lebensstil im Alter für Ihre Gesundheit zu führen. Bedenken Sie:
„Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts!“
(Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph)
Manfred Feldmann
(M.A. Gesundheitsmanagement)
Quellen:
Fitnessmanagement, 2019. Altes Eisen? Von wegen! Die Generation 60+ stürmt die Fitnessstudios. Verfügbar unter: https://www.fitnessmanagement.de/fitness/von-wegen-altes-eisen-1/.
Fuchs R. (2003). Sport, Gesundheit und Public Health. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe.
Müller-Jung, J. 2018. Mehr Body im Alter.
Rott, C. 2014. Sport und Bewegung in einer Gesellschaft des langen Lebens. Verfügbar unter: http://www.becker-stiftung.de/wp-content/uploads/2014/10/ChristophRott.pdf.
Spiegel Gesundheit, 2013. Wer Sport treibt, Altert gesünder. Verfügbar unter:
Vestewig, K. 2013. Krafttraining im hohen Alter: Nicht schonen, sondern voll belasten. Verfügbar unter: https://www.swp.de/sport/weitere-sportarten/krafttraining-im-hohen-alter_-nicht-schonen_-sondern-voll-belasten-20006445.html
Positive Gewohnheiten - Umsetzung mittels Gewohneinheiten!
Gute Gewohnheiten, Schlechte Gewohnheiten – jedermann(frau) assoziiert mit dieser Begrifflichkeit sofort Handlungsweisen oder Routinen aus seinem Alltag. Viele Gewohnheiten wie Rauchen, Sporttreiben sind gesellschaftlich klar als negative oder positive Assoziation besetzt. Aber was sind Gewohnheiten oder sollten wir die Gewohnheit nicht als abgegrenztes Individuum betrachten, sozusagen eine Gewohneinheit?
Gewohneinheiten sind Verhaltensweisen, die regelmäßig getan werden ohne groß darüber nachzudenken.
Übliche Verhaltensweisen in Gewohneinheiten zur untergliedern, diese klar zu benennen, macht die Verbesserung derer leichter und dient der Weiterentwicklung seiner eigenen Persönlichkeit. Gewohneinheiten erleichtern uns tägliches Leben, denn Sie sind effizient, sie machen Platz im Bewusstsein für neue Anforderungen. Beispielsweise erleichtert eine Morgenroutine den schnellen gewohnheitsmäßigen Ablauf am Morgen – das Gehirn muss nicht bemüht werden, so behält man sich mehr Kapazitäten für den Tag frei. Im Bildungsprozess für sich guter Gewohnheiten ist eine Ad hoc – Mentalität, nach dem Motto: Ich tausch diese oder jene schlechte Gewohnheit ab morgen gegen eine jeweils Gute durchaus als kritisch zu betrachten. Dieser Versuch scheitert wie an den Vorsätzen ersichtlich zu weiten Teilen, denn es sind die Muster, also Handlungskopplungen, die uns das tun lassen, was wir eben tun. Vielmehr sollten Sie die Umsetzung neuer „positiver“ Gewohneinheiten als Weg verstanden wissen, in der die langsame aber kontinuierliche Verbesserung uns den Weg bereitet, bessere Gewohnheiten zu integrieren.
Man überschätzt, was man in kurzer Zeit erreichen kann, und man unterschätzt, was man durch Kontinuität erreicht.
Barrieren, die uns an der Veränderung unserer Gewohnheiten behindern sind folgende:
· Ausreden!
· Körperliche, Fähigkeits- oder Wissensbarrieren: Man traut sich schlichtweg eine neue Gewohnheit nicht zu. Die kleinste Erschwernis wird als unüberwindbar angesehen.
· Widerstand als Ausdruck: Denn Veränderungen lösen oft Kontrollverlust und Ängste aus.
· Psychosoziale Barrieren – Fokus: Alte Gewohnheiten
Wie kanns gehen?
Identifizieren Sie die Gewohnheitsschleife: Reiz, Verhalten, Belohnung Jede Gewohnheit läuft ja in dem psychologischen Muster einer Schleife ab. Beispiel: Die abendliche Stunde ist der Auslöser der Gewohnheit, der Griff zum Wein/Bier die Routine und die eintretende Entspannung die Belohnung.
Gewohnheitsentwicklung bedeutet Arbeit, nämlich sollte genau dann die ungewollte durch eine gewollte Gewohneinheit ersetzt werden, wenn diese vermeintlich ausgeführt wird. Arbeiten Sie an Ihren täglichen Gewohneinheiten beharrlich und machen Sie es nicht zu komplex. Beginnen Sie zunächst mit einer Gewohneinheit, die Sie verändern wollen, wenn möglich nicht gleich mit der am tiefsten Verankerten. Hierbei geht es weder um Absolutismus oder Perfektionismus – sondern um Klarheit!
Viel Spaß und gutes Durchhalten – es lohnt sich!